Kaltenberg

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Der Kaltenberg (Studenec) mit seinen 731 Meter Seehöhe bildet den westlichen Eckpfeiler des Lausitzer Gebirges und markiert den Übergang ins Elbsandsteingebirge. Seinen Namen erhielt er von einer ungewöhnlich kalten Quelle am Nordosthang, hier entspringt der Kaltenbach (Studený potok), nachdem auch der gleichnamige Ort benannt ist. Der markante Basaltkegel befindet sich etwa vier Kilometer nordöstlich von Böhmisch-Kamnitz (Česká Kamenice), am Fuß des Berges bzw. an seinem Hang befinden sich die kleinen Dörfer Hasel (Líska), Limpach (Lipnice) und Kaltenbach (Studený). Nach Osten ist der Kaltenberg über einen breiten Sattel mit dem Kreibitzer Bergland verbunden, die nächsten Erhebungen sind Goldberg (Zlatý vrch) und der Himpelberg (Chřibský vrch). Der Bergsockel besteht aus Sandstein, welcher vom Basalt durchbrochen wurde.

Die Süd- und Südosthänge sind von ausgedehnten Schutthalden bedeckt, vereinzelte Schuttinseln befinden sich auch am Nord- und Westabhang. Schon im 19. Jahrhundert war der Berg von Schuttwäldern mit aussergewöhnlich grossen Bäumen bestanden, von denen der bekannteste die am nordöstlichen Hange wachsende sog. Fürstentanne war. Als sie im Jahre 1858 gefällt werden musste, war sie 380 Jahre alt, fast 56 m hoch und der Durchmesser des Stammes betrug 2,5 m.

Die Südseite des Berggipfels wurde bereits 1906 unter Schutz gestellt, 1965 wurde ein neues Schutzgebiet ausgerufen, das nunmehr den gesamten Gipfelbereich umfasst. Typisch ist ein Laub- und Mischwaldbestand, in dem Buchen und in tieferen Lagen auch Bergahorn dominieren.

Die 1907 aus den Alpen herbeigeschafften Gämsen fühlten sich hier so wohl, dass sie nicht nur dem fürstlichen Jagdeifer und den Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit trotzten, sondern sich im Kreibitzer Bergland sogar weiter ausbreiteten.

1810 begann östlich der Elbe die Erste Militärtriangulierung der k. u. k. Monarchie. Der markante Kaltenberg bildete einen Vermessungspunkt dieser miltärischen Triangulation, woran lange Zeit ein Steinblock mit der eingemeisselten Inschrift "Monumentum astronomico-geometricum" erinnerte.

Im 19. Jahrhundert gehörte der Kaltenberg zum ausgedehnten Besitztum der Familie Kinsky. Graf Ferdinand Kinský liess im Jahre 1845 auf dem Gipfel einen hölzernen Aussichtsturm mit einem Sommerausschank bauen und den Weg von Kaltenbach herrichten. Dieser Turm musste aber im Jahre 1865 wegen Baufälligkeit abgerissen werden und vom zugewachsenen Gipfel blieb nur die Aussicht nach Süden erhalten.

Erst 20 Jahre später initiierte der Gebirgsverein für die böhmische Schweiz in Tetschen (Děčín) den Bau eines neuen eisernen Aussichtsturmes. Am 24. April 1888 begann Baumeister Dittrich die 80 cm hohem Ziegelfundamente zu mauern (die Ziegel kamen aus einer Leitmeritzer Firma), in die mit 8 starken, über einen Meter langen und fast 4 cm dicken Schrauben die 16,3 m hohe, von der Prager Maschinenbau-Aktiengesellschaft ("Ruston") verfertigte genietete Konstruktion verankert wurde. Auf die Aussichtsplattform für 25 Personen stieg man über eine Wendeltreppe mit 92 Stufen und mehreren Ausweichsplattformen. Der neue Aussichtsturm wurde feierlich am 15. Juli 1888 eröffnet und wurde bis zum Jahresende von über 5000 Besuchern bestiegen.

1890 wurde der mit Basaltsteinen gepflasterte Weg auf den Gipfel fertiggestellt und 1893 liess Graf Ferdinand Kinsky neben dem Turm eine Holzhütte als Sommerrestaurant erbauen. Die Baude diente den Besuchern bis zu ihrem Abbrennen in den 50er Jahre des 20. Jahrhunderts. Als Bergwirt fungierte um 1909 Anton Friedrich. Der letzte Bergwirt des Kaltenberges war Josef Schmutzert, der 1946 von seinem geliebten Berg vertrieben wurde. Danach verbrachte Schmutzert einige Wochen bei einem Bekannten in Sebnitz, der früher oft auf dem Kaltenberg zu Gast war. Da er keine Zuzugsgenehmigung erhielt (und damit auch keine Lebensmittelkarten) war er gezwungen, weiter zu ziehen und landete schließlich in Bernburg (Thüringen). Hier verdiente er seinen Lebensunterhalt als Aschefahrer im Gaswerk und verstarb am 31.10.1949. Heute sehen wir vom Berggasthaus nur mehr die Überreste eines gemauerten Kellers.

Mit der Vertreibung der deutschen Einwohner ging auch der Gebirgsverein unter und so fiel aufgrund mangelnder Pflege der Turm der Korrosion anheim, bis er nach 1989 kaum mehr besteigbar war.

Dem Klub Tschechischer Touristen (KČT) als damaligen Eigentümer gelang es jedoch nicht, die nötigen finanziellen Mittel für eine Erneuerung aufzutreiben.

Im Jahr 1995 begann der Verein Amici Decini in Tetschen Verhandlungen um die Wiedereröffnung des Aussichtsturmes, aber der Staatliche Forstbetrieb und die Verwaltung des CHKO Lužické hory (Landschaftsdschutzgebiet Lausitzer Gebirge) waren strikt gegen dieses Projekt. Der Turm sollte sogar schon im Mai 1996 abgerissen werden, aber zum Glück kam es nicht mehr dazu, denn am 28. März wurde dieses einzigartige Bauwerk als Kulturdenkmal ausgewiesen.

Erst nach langwierigen Verhandlungen konnte 2007 die Stadt Böhmisch Kamnitz, unterstützt durch die Bürgerinitiativen in Kaltenbach (Studený) und Limpach (Lipnice) die Erneuerung des verwahrlosten Turmes einleiten. Vom 17. bis 19. September wurde die Eisenkonstruktion von einem Hubschrauber der Firma Aerocentrum aus Mělník partienweise vom Berggipfel abtransportiert und im Laufe des Jahres 2008 führte die Firma Lana in Leitmeritz eine Gesamtreparatur aus. Die renovierte Turmkonstruktion wurde dann nach einigen erfolglosen Versuchen am 14. März per Helikopter auf den Gipfel des Kaltenberges befördert. Nach Beendigung aller Arbeiten wurde der Aussichtsturm am 21. Juni 2009 wieder feierlich der Öffentlichkeit übergeben.

Von der Aussichtsplattform des Turmes bot sich eine wunderschöne Rundsicht über das ganze Lausitzer Gebirge und die Böhmisch-Sächsische Schweiz, aber auch die entfernteren Gipfel des Schluckenauer Landes und Teile des Böhmischen Mittelgebirges waren zu sehen. Heute ist die Aussicht teilweise durch die über den Turm hinausgewachsenen hochstämmigen Buchen beeinträchtigt, weshalb sich die laubfreie Zeit am Besten für einen Besuch eignet.

Am Hauptweg, der am Nordfuß des Kaltenberges entlangführt, ist etwa 400 m westlich von der Abzweigung des Weges nach Kaltenbach eine eingefasste Quelle, die früher der Wasserversorgung des Gasthauses diente. Im Walde am Westabhang ist ein kleines pyramidenförmiges Denkmal versteckt, das zur Erinnerung an Valentin Frind, der hier am 21. Juli 1897 vom Blitz getötet ward, aufgestellt worden. 1985 wurde das Denkmal von einem fallenden Baum beschädigt, es wurde aber bald wieder repariert.

Im Bereich des Berges kam es im Juli des Jahres 1757 zu Kämpfen zwischen österreichischen und preussischen Soldaten, an die noch heute die Denkmäler in Kaltenbach, unterhalb des Goldberges bei Hasel und an der Kreuzbuche (U křížového buku) erinnern.

Kaltenberg.jpg

Kb1.jpg Am Giebel prangt das Abzeichen des Gebirgsvereins für die böhmische Schweiz. Sammlung PJT.

Kb2.jpg Vorläuferkarte von 1893. Sammlung PJT.

Kb3.jpg Winteransicht samt Skifahrer. Sammlung PJT.

Kb4.jpg Rückseitiger Stempel einer Karte aus dem Jahr 1909. Sammlung PJT.

Kb5.jpg Gelaufen 1932.

Kb6.jpg Kaltenberg aus der Gegend von Kaltenbach. Foto Hille.

Kb9.jpg A. Kögler, Fotografische Werkstatt, Rumburg

Kb17.jpg Photograph Bruno Rudolph, B. Kamnitz 1911.

Kb10.jpg Stempelung auf Karten ab 1931.

Kaltenberg17.jpg

Kaltenberg hütte.jpg

Kaltenberg 731.jpg

AK-Boehm-Kamnitz-Holzhaus-und-Aussichtsturm-am-Kaltenberge.jpg

AK-Boehmisch-Kamnitz-Gasthaus-auf-dem-Kaltenberge-mit-Gaesten-Aussichtsturm.jpg



  • Artikel von Manfred Schober in Trei da Hejmt 6/2015
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